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Wissen das teilbare und wertvolle Gut

(sl) Wissen macht AH! Doch das AH! folgt nur, wenn Wissen wie in der gleichnamigen Fernsehsendung nicht als Macht oder geistiges Eigentum betrachtet, sondern geteilt wird. Was mehr denn je auch für Schulen gilt. Denn gutes Wissensmanagement erhöht die Er-folgschancen des Distanz-Unterrichts: Geteiltes Wissen macht AH!

Nicht alle Lehrkräfte lassen sich gerne über die Schulter schauen. Wie sie Unterricht gestalten. Wie sie mit den Schülerinnen und Schülern, aber auch deren Eltern umgehen, gilt für Viele als Privatsache. Ähnlich steht es häufig mit der Bereitschaft, das eigene Wissen mit Kolleginnen und Kollegen zu teilen. Nicht selten beißen sich daher Referendarinnen und Referendare die Zähne aus, wenn sie neue, gemeinsame Wege einschlagen wollen.

Papier ist nicht mehr alles

Zwei, die den Ausbildungsschuhen gerade entwachsen sind, durften andere Erfahrungen sammeln. Schon vor, besonders aber seit Corona. Katharina Lorenz und Imke Schütz sind Lehrerinnen am Ritzefeld Gymnasium in Stolberg bei Aachen. Mit ihren 28 Jahren haben sie Respekt vor ihren älteren Kolleginnen und Kollegen. Aus vielerlei Gründen. Besonders aber wegen deren Umgang mit der für alle neuen Situation – Unterricht online. „Wie sich die meis-ten in die Anforderungen hineingefuchst haben, ist bemerkenswert.“, versichern die beiden. Die Zeiten, in denen es hieß, Papier aus der Tasche zu ziehen und mit dem Unterricht zu be-ginnen, gehören erst einmal der Vergangenheit an. „Wir und viele Referendarinnen und Referendare sind im Umgang mit Digitalen Medien natürlich ein Stück weit fitter“, meinen die jungen Frauen, die in ihrem Gymnasium mittlerweile auch selbst als Ausbildungslehrerinnen aktiv sind und Referendarinnen und Referendare bei ihrem Start ins Lehrerleben begleiten. Sie wissen, dass ihre Aussage nicht verallgemeinert werden kann. Und sie wissen: Einem neuen Wissensmanagement kommt aktuell besondere Bedeutung zu.

Der sinnvolle Umgang mit „Fremd“-Material

Wenn es darum geht, sich selbst neues Wissen anzueignen, hat sich für die beiden nicht viel verändert. „Wir schlagen in Büchern nach und recherchieren im Internet“, schildern sie das Stillen des eigenen Wissensdurstes. Deutlich intensiver geworden, ist der Umgang mit dem eigenen Wissen, dem selbst Erarbeiteten. „Wir stellen Vieles, auch unsere Klausuren und Hinweise zu weiterführender Literatur, den anderen Kolleginnen und Kolleginnen in einer Cloud zur Verfügung“, berichten sie. Das Rad muss ja nicht täglich neu erfunden werden. Doch sie schieben mit Blick auf Referendarinnen und Referendare ein „aber“ hinterher, das als Tipp dienen kann: „Erliegt nicht der Versuchung, von anderen entwickeltes Material ein-fach zu übernehmen, ohne es an Eure eigenen Vorstellungen und Überzeugungen anzupas-sen“, empfehlen sie. Vielmehr sollten die angehenden Lehrkräfte sich nur daran orientieren. Katharina und Imke appellieren: „Versucht, Euren eigenen Weg zu finden. Ihr seid anders. Bleibt authentisch, seid mutig und verliert Eure Kreativität nicht.“ Die Gefahr sehen sie durch aus: „Als Referendarin und Referendar prasseln so viele Eindrücke auf Dich ein, dass sie ei-nen hemmen können, sich selbst zu finden.“

Gutes bewahren – Neues wagen

Verändern mussten sich seit nunmehr gut einem Jahr Pandemie die Kommunikation und damit der Wissensaustausch im Kollegium. Dass Dienstbesprechungen online stattfinden – eine Entlastung, vor allem zeitlich. Das Gespräch über sensible Themen wie die Gesundheit oder persönliche Entwicklung eines Jugendlichen, online zu führen, halten die beiden aber für prob-lematisch. Auch wegen des Datenschutzes. Hier greifen sie lieber auf die E-Mail zurück und anonymisieren dabei den Namen des Betroffenen. So wünschte es sich auch Jens. Er ist Referendar in Sachsen-Anhalt. Er musste andere Erfahrungen sammeln: „Bei uns wird locker vom Hocker über jeden im Netz gesprochen. Als habe es die Hacker nicht gegeben, die bereits auf Schulseiten ihr Unwesen getrieben haben.“ Als der junge Referendar den Umgang mit Daten problematisierte, handelte er sich einen heftigen Rüffel von Teilen des Kollegiums ein: „Werde Du erst einmal ein vernünftiger Lehrer.“ Solche Hinweise möchte er sich ersparen und verzichtet lieber darauf, mit tatsächlichen Namen auf-zutreten.

Erfahrung nutzen

Völlig neue Gedanken müssen sich alle an Schulen Tätige machen, wenn es um den Wissens-zuwachs der Schülerinnen und Schüler geht. „Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl, nicht zu merken, was unsere Neuntklässler während des Distanzunterrichts wirklich tun“, sagen Katharina und Imke. Was tun, wenn technische Probleme angeführt werden, die man nicht nachvollziehen kann? Was tun, um sicher zu gehen, dass beim Vokabelcheck das Schulbuch von der Kamera unentdeckt offen zum Ablesen parat liegt? Vertrauen ist dann sicher gut, liefert aber keine Garantie. „Es fällt mitunter schwer, den tat-sächlichen Wissensstand zu erkennen und zu entscheiden, wer wie gefördert werden muss“, bedauern sie. Die jungen Lehrerinnen wissen – hier hilft die Erfahrung, sprich „wenn man seine Pappenheimer kennt.“ Darum raten sie gerade in der momentanen Situation, Referenda-rinnen und Referendaren sich an jene Lehrkräfte zu wenden, die die Kinder und Jugendlichen bereits kennen.

Sie verraten, welche Lernmethoden sie nutzen: Das Online-Quiz verrät einiges über das Wis-sen der Lernenden. Ebenso der als Audiodatei aufgesprochene Text im Fremdsprachenunterricht. Und sie formulieren drei weitere Tipps für künftige Lehrkräfte:

• Organisation ist alles. Haltet möglichst viel auf Listen fest.

• Nutzt die durch wegfallende Korrekturen gewonnene Zeit und schaut Euch die „Hausaufgaben“ an. So erhaltet Ihr Infos zum Wissensstand der Schülerinnen und Schüler und könnt erkennen, ob Eure Didaktik im Distanzunterricht Erfolge zeigt.

• Wenn Euch Ungewöhnliches bei Schülerinnen und Schülern auffällt, sucht direkt und vor allem zeitnah den Kontakt zu den Erziehungsberechtigten.